Der Haus des Meeres Aqua Terra Zoo versteht sich als Bildungseinrichtung mit dem Ziel, seine Besucher*innen für biologische Vielfalt zu begeistern und für Natur- und Artenschutz zu sensibilisieren. Wir unterstützen Umweltbildungs- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Nachzuchtprogramme auf der ganzen Welt.
Hier nun eine kleine Auswahl spezieller Erhaltungszuchtprojekte:
Langschnäuziges Seepferdchen Hippocampus reidi Ginsburg, 1933 (Syngnathidae)
Das Langschnäuzige Seepferdchen ist ein sympathischer „Botschafter“ der von ihm bewohnten Küstenlebensräume, den schwindenden Seegraswiesen und Algenwäldern. Es ist als potenziell gefährdet eingestuft, da seine Bestandszahlen ebenso seit Jahren sinken. Um die Tiere im Karibischen Meer zu schonen, halten wir im Haus des Meeres seit 2005 nur selbst erzeugte Nachzuchten.
Blaupunkt-Masken-Stechrochen (Neotrygon orientale, Last, White & Séret, 2016)
Der Blaupunkt-Masken-Stechrochen bewohnt südostasiatische Korallensandböden und wird bis 40 Zentimeter breit. Wegen seiner „Handlichkeit“ wird er oft in Meeresaquarien gehalten, was das Haus des Meeres zum Anlass nahm, ein Zuchtprogramm für europäische Schauaquarien zu koordinieren. Die Tiere erreichen darin ein Alter von 12 Jahren und gebären nach einer 4,5-monatigen Tragezeit 1–3 Jungtiere.
Hornhai (Heterodontus francisci, Girard, 1855)
Mit seinem eigentümlichen stierartigen Profil entspricht der kleine Hornhai kaum dem gängigen Bild eines Hais. Er ist ein wenig erforschter Bewohner der Seetangwälder Kaliforniens, sodass kaum Informationen über seinen Gesamtbestand vorliegen. Das Haus des Meeres macht bei einem europäischen Zuchtprogramm mit, dessen erste Geburten bereits erwartet werden.
Titicaca-Riesenfrosch (Telmatobius culeus)
Vor einigen Jahren gelang es im Zuge einer Kooperation von europäischen Zoos, Nachzuchten dieses außergewöhnlichen Frosches zu erhalten. Der ausschließlich im namensgebenden Titicacasee in den Anden vorkommende Frosch zeichnet sich durch zahlreiche Hautfalten aus. Diese Oberflächenvergrößerung erlaubt ihm, vermehrt Sauerstoff aus dem Wasser aufzunehmen, wodurch er in der Lage ist, dauerhaft submers (untergetaucht) zu leben und so den meist unwirtlichen klimatischen Bedingungen seines hochgelegenen Habitats zu entgehen. Im Haus des Meeres wird er nun regelmäßig erfolgreich nachgezogen.
Mexikanischer Hochlandkärpfling (Goodeinae)
Das Haus des Meeres engagiert sich seit vielen Jahren in der Haltung und Zucht von Mexikanischen Hochlandkärpflingen. In einer mehr als 100 Aquarien umfassenden Nachzuchtanlage werden knapp 60 verschiedene Populationen gepflegt, darunter viele Arten, die vom Aussterben bedroht oder stark gefährdet sind. Von hier aus wird ein EEP (European Endangered Species Programme) innerhalb der Europäischen Zoogemeinschaft koordiniert und in weiteren Erhaltungszuchtprojekten mit Zoos und Privatpersonen kooperiert.
Bayerischen Kurzohrmaus (Microtus bavaricus)
Sie ist das Symbol des Artenschutzes und galt bereits als mausetot! Die Rede ist von der Bayerischen Kurzohrmaus (Microtus bavaricus). Entdeckt wurde sie 1962, noch im selben Jahr galt sie offiziell als ausgestorben. Die Wissenschaft spricht aktuell von 150 Arten die tagtäglich verloren gehen. Viele Tierarten sterben aus, bevor wir sie überhaupt entdecken. Microtus bavaricus wäre der Statistik beinahe zum Opfer gefallen, doch ein kleines Vorkommen in Nordtirol, das Anfang der 2000er Jahre wiederentdeckt wurde, lässt Hoffnung schöpfen.
Tierarten im Haus des Meeres, die Teil eines internationalen Zuchtprojektes sind:
Schwarzspitzen-Riffhai (Carcharhinus melanopterus, Quoy & Gaimard, 1824)
Hornhai (Heterodontus francisci, Girard, 1855)
Zebra-Hai (Stegostoma tigrinum, Forster, 1781)
Atlantischer Ammenhai (Ginglymostoma cirratum, Bonnaterre, 1788)
Schwarzkinn-Geigenrochen (Glaucostegus cemiculus, Geoffroy Saint-Hilaire, 1817)
Blaupunktrochen (Taeniura lymma, Forsskål, 1775)
Blaupunkt-Masken-Stechrochen (Neotrygon orientale Last, White & Séret, 2016)
Atlantischer Kuhnasenrochen (Rhinoptera bonasus, Mitchill, 1815)
Sundagavial (Tomistoma schlegelii)
Borneo Flussschildkröte (Orlitia borneensis)
Riesenerdschildkröte (Heosemys grandis)
Strahlen-Dreikielschildkröte (Geoclemys hamiltoni)
Riesengürtelschweif (Smaug giganteus)
Nashornleguan (Cyclura cornuta)
Krokodilschwanzechse (Shinisaurus crocodilurus)
Titicaca-Riesenfrosch (Telmatobius culeus)
Dumerils Querzahnmolch (Ambystoma dumerilii)
Mexikanischer Hochlandkärpfling (Goodeinae, knapp 40 Arten)
Katta (Lemur catta)
Mohrenmaki (Eulemur macaco)
Schmaltreifenmungo (Mungotictis decemlineata)
Lisztaffe (Saguinus oedipus)
Springtamarin (Callimico goeldii)
Silberaffe (Mico argentatus)
Weißkopfsaki (Pithecia pithecia)
Bürstenschwanz-Rattenkänguru (Bettongia penicillata)
Bayerischen Kurzohrmaus (Microtus bavaricus)
Neben dem Artenschutz hat auch die Forschung einen hohen Stellenwert in einem modernen Zoo. Auch der Haus des Meeres Aqua Terra Zoo möchte seinen Beitrag zu neuen, wissenschaftlichen Erkenntnissen leisten. Hier einige Beispiele:
Sprache des Langschnäuzigen Seepferdchens Hippocampus reidi
In Zusammenarbeit mit der Universität Wien und der Universität Paraíba konnten wir aufzeigen, dass langschnäuzige Seepferdchen zwei Laute erzeugen. Diese sind verschieden in Lautstärke, Frequenz und im Kontext, in dem sie erzeugt werden: Ein Klicklaut wird beim Fressen und bei der Balz eingesetzt, ein Brummlaut, wenn die Tiere festgehalten werden.
Heteromysis – Schwebgarnelen als „Kulturfolger“ in Meeresaquarien
Gemeinsam mit Univ.-Prof. Karl Wittmann beschreiben wir die globale Schwebgarnelenpopulation in Meeresaquarien. Aus Proben von drei Kontinenten haben wir inzwischen neun Arten der einzigen Gattung Heteromysis neu beschrieben – sie kann sich offenbar besonders gut in künstlichen Lebensräumen etablieren. Ihre Vorfahren gelangten vermutlich vor Jahrzehnten mit transportierten Korallensteinen in die Aquarienhäuser.
Darstellung des Nervensystems der Lebensstadien der karibischen Mangrovenqualle Cassiopea xamachana
Während der Umwandlung der Lebensstadien der Mangrovenqualle verändert sich auch das zugehörige Nervensystem. In der Masterarbeit von Frau Klara Amplatz vom Department für Evolutionsbiologie der Universität Wien werden die Transformationen der Nervensysteme immunhistologisch beschrieben. Das Haus des Meeres stellt dazu die Lebensstadien Polyp, Planuloid, Strobila, Ephyra und Meduse zur Verfügung.
Schädelmorphologie des Bambushais Chiloscyllium punctatum
Die Schädel unserer Bambushaie sind geschlechtsspezifisch geformt. Die der Weibchen sind stämmiger als die der Männchen, und auch die Kieferstrukturen sind unterschiedlich. Der Grund dafür könnte das Paarungsverhalten oder eine abweichende Ernährung sein. Herr Manuel Staggl beschrieb diese Merkmale im Rahmen seiner Masterarbeit am Institut für Paläontologie der Universität Wien.
Von riffbildenden Steinkorallen erzeugte Strömungsmuster
In Zusammenarbeit mit der Medizinischen Universität Wien (Prof. Igor Adameyko) werden kleinsträumige Strömungen über und in Korallenpolypen untersucht. Sie wirken im Mikrometerbereich und werden von den Korallenpolypen selbst mit ihren Flimmerhärchen erzeugt. Nun wurden erstmals die Strömungsmuster von sechs riffbildenden Korallenarten beschrieben, was zu einem besseren Verständnis von Korallenkolonien führt.
Entwicklung eines Zuchtsystems für Meerestiere (Seepferdchen, Quallen ...)
Wir züchten seit 2005 das karibische Seepferdchen Hippocampus reidi in mehreren Generationen. Wir haben dazu eine Vorrichtung entwickelt, in der alle winzigen Jungfische richtig gefüttert werden können: In den ersten Lebenswochen werden sie in einer Art „Waschtrommel-Aquarium“ mit optimaler Strömung gehalten, damit sie jederzeit reichlich Futter vor dem Maul haben.
Die Krokodilschwanzechse (Shinisaurus crocodilurus)
Diese kleine, aber spektakuläre Echse wird schon seit vielen Jahren sehr erfolgreich im Haus des Meeres vermehrt. In ihrer Heimat in China und Vietnam beinahe ausgerottet, ist ihr Bestand in Europa durch gewissenhaft koordinierte Nachzucht sehr stabil. Wir haben eine umfangreiche Zuchtgruppe aufgebaut, und durch kontrollierte systematische Nachzucht sind wir jederzeit in der Lage, Tiere abzugeben und so die Population in den europäischen Zoos zu stützen.
Mexikanische Fische
Im Zusammenhang mit der Erhaltungszuchtarbeit für Mexikanische Hochlandkärpflinge besuchen Mitarbeiter*innen des Haus des Meeres im Rahmen von Forschungsreisen jährlich ein- bis zweimal das Herkunftsland dieser Fische. Dort werden diverse Wasserparameter erhoben, die Lebensräume dokumentiert und Fischbestände kontrolliert. Dabei beschränken sich diese Reisen nicht nur auf oben genannte Fischgruppe, sondern umfassen alle Arten von Fischen, die in Mexiko zu finden sind. Ergebnisse und Belegexemplare wurden und werden von Universitäten in Mexiko für Forschungsarbeiten verwendet.
Es gibt auch einen eigenen Verein „Haus des Meeres – Wissenschaft und Forschung“, der sich als Mittler zwischen der aktiven Forschung und Populärwissenschaft auf dem Gebiet der aquatischen Biologie versteht. Er vergibt u. a. jährlich Masterstipendien sowie einen Meeresschutzpreis für studentische Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Marinbiologie und Limnologie sowie des aktuellen Meeresschutzes.